Ulrich, Winfried
Mehrdeutigkeit als zentrales Thema des Sprach-, Lese- und Literaturunterrichts
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Beschreibung
Die Mehrdeutigkeit sprachlicher Erscheinungen wie einzelner Wörter, aber auch umfangreicher Äußerungen und sogar ganzer Texte ist keine seltene Ausnahmeerscheinung. Nahezu jedes Wort ist polysem, kann in unterschiedlichen Lesarten verwendet werden: Die Mutter geht in die Küche. – Der Hefeteig geht. – Die Uhr geht falsch. – Es geht auf den Winter zu. Manche Sätze lassen sich wegen einer unklaren grammatischen Struktur so oder so verstehen: Er las den Brief seiner Frau vor. Redewendungen wie jemandem auf den Leim gehen und Kurztexte wie Sprichwörter haben zumindest neben einer wörtlichen auch eine übertragene Bedeutung: Der Krug geht so lange zu Wasser, bis er bricht. Zur Interpretation literarischer Texte gehört generell das Aufdecken ihrer Mehrdeutigkeit, da das für das Verständnis Entscheidende oft nicht direkt ablesbar ist, sondern „zwischen den Zeilen“ steht. Wie geht man nun mit solchen Mehrdeutigkeiten (Ambiguitäten) um? Ambiguitätstoleranz (auch: Ungewissheitstoleranz) gilt als ein wichtiges kognitives und emotionales Persönlichkeitsmerkmal, das vor simplifizierendem „Schwarz-Weiß-Denken“ schützt und dabei hilft, die Aufnahme, Verarbeitung und Speicherung von unklaren, ambigen Informationen in widersprüchlichen Situationen zu bewältigen. Ambiguitätskompetenz geht darüber hinaus. Sie ist die Fähigkeit, als Hörer oder Leser, aber auch als Sprecher oder Schreiber angemessen mit Mehrdeutigkeiten umzugehen, d. h. sie in fremden Äußerungen zu erkennen und das richtige Verstehen zu sichern bzw. sie bei den eigenen Äußerungen zu vermeiden oder aufzuklären. So können Nichtverstehen und Missverstehen vermieden werden. Deshalb ist die Förderung der Ambiguitätskompetenz eine zentrale Aufgabe des Deutschunterrichts.Das könnte Sie auch interessieren
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